Lachen in der Bibel

Mt 7,7-8: „Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet. Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.“
Doch wer in der Bibel nach Witzen sucht, der wird nicht finden.
Doch wer in der Bibel die Beschreibung eines lachenden Jesus sucht, der wird nicht finden.
In der Bibel scheinen Witz und Humor ein Mauerblümchendasein zu fristen.

Das heisst nicht, dass es sie nicht gibt, nur fallen sie nicht auf und werden gern übersehen.
Jesus besass eine ausgeprägte Gewitztheit, die ihn auf unerwartete Situationen schnell und ebenso unerwartet reagieren liess. So fragten ihn Pharisäer einmal, ob es erlaubt sei, dem Kaiser Steuern zu bezahlen. Die Frage war eine Falle, denn bejahte er sie, erschien er als schlechter Jude, der die fremde Besatzungsmacht unterstützt. Und sagte er nein, konnte er beim kaiserlichen Statthalter als Aufwiegler verklagt werden. Er durchschaute die Sache sofort und bat darum, ihm eine Steuermünze zu zeigen. Sogleich reichten ihm die Fragesteller einen Denar – und verrieten sich im selben Augenblick selbst. Denn indem sie die römische Währung auf sich trugen, bekundeten sie, dass sie sich der fremden Herrschaft längst angepasst hatten, sodass sich ihre Frage in Luft auflöste. Weshalb sie von der Reaktion Jesu «sehr überrascht» waren und sich kleinlaut zurückzogen (Matthäus 22,15–22).
Das Schmunzeln Jesu über diesen gelungenen Schachzug wird allerdings nicht erwähnt, sondern ist höchstens zwischen den Zeilen zu lesen.

Ebenso verwirrte er mit überraschenden Gegenfragen mehrmals.
So zum Beispiel bei Markus 3, 1-6:
Als er ein andermal in eine Synagoge ging, sass dort ein Mann, dessen Hand verdorrt war.
Und sie gaben Acht, ob Jesus ihn am Sabbat heilen werde; sie suchten nämlich einen Grund zur Anklage gegen ihn.
Da sagte er zu dem Mann mit der verdorrten Hand: Steh auf und stell dich in die Mitte!
Und zu den anderen sagte er: Was ist am Sabbat erlaubt: Gutes zu tun oder Böses, ein Leben zu retten oder es zu vernichten? Sie aber schwiegen.
Und er sah sie der Reihe nach an, voll Zorn und Trauer über ihr verstocktes Herz, und sagte zu dem Mann: Streck deine Hand aus! Er streckte sie aus und seine Hand war wieder gesund.
Da gingen die Pharisäer hinaus und fassten zusammen mit den Anhängern des Herodes den Beschluss, Jesus umzubringen.
Oder bei Matthäus 12, 22-28:
Damals brachte man zu ihm einen Besessenen, der blind und stumm war. Jesus heilte ihn, sodass der Stumme wieder reden und sehen konnte.
Da gerieten alle Leute ausser sich und sagten: Ist er etwa der Sohn Davids?
Als die Pharisäer das hörten, sagten sie: Nur mit Hilfe von Beelzebul, dem Anführer der Dämonen, kann er die Dämonen austreiben.
Doch Jesus wusste, was sie dachten, und sagte zu ihnen: Jedes Reich, das in sich gespalten ist, geht zugrunde, und keine Stadt und keine Familie, die in sich gespalten ist, wird Bestand haben.
Wenn also der Satan den Satan austreibt, dann liegt der Satan mit sich selbst im Streit. Wie kann sein Reich dann Bestand haben?
Und wenn ich die Dämonen durch Beelzebul austreibe, durch wen treiben dann eure Anhänger sie aus? Sie selbst also sprechen euch das Urteil.
Wenn ich aber die Dämonen durch den Geist Gottes austreibe, dann ist das Reich Gottes schon zu euch gekommen.
Man darf annehmen, dass Jesus bei seiner mehrfach bezeugten Teilnahme an Gastmählern, Hochzeiten und anderen Essen auch gelacht hat. Von einer knauserigen Lebenseinstellung scheint er jedenfalls nicht geprägt gewesen zu sein, wenn ihn der Evangelist bei der Hochzeit von Kana gleich 600 Liter Wasser in Wein verwandeln lässt – und dies, «nachdem die Gäste schon reichlich getrunken haben» (Johannes 2,1–10).

Im Johannesevangelium gibt es sieben „Ich-bin-Worte Jesu“, welche in der Exegese häufig verwendet werden:
Joh 6,35: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.“
Joh 8,12: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.“
Joh 10,9: „Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden.“
Joh 10,11: „Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe.“
Joh 11,25 f.: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“
Joh 14,6: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater ausser durch mich.“
Joh 15,1: „Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner.“
Vor allem das letzte Ich-bin-Wort (der Weinstock) wird auch stark mit Freude verbunden. So steht unter Joh 15, 1-11:
Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Winzer.
Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt.
Ihr seid schon rein durch das Wort, das ich zu euch gesagt habe.
Bleibt in mir, dann bleibe ich in euch. Wie die Rebe aus sich keine Frucht bringen kann, sondern nur, wenn sie am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr keine Frucht bringen, wenn ihr nicht in mir bleibt.
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht; denn getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.
Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe weggeworfen und er verdorrt. Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer und sie verbrennen.
Wenn ihr in mir bleibt und wenn meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten.
Mein Vater wird dadurch verherrlicht, dass ihr reiche Frucht bringt und meine Jünger werdet.
Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe!
Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.
Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird.

Dabei hat das Wort «Freude» in der Bibel keinen völlig vergeistigten Klang, sondern wird durchaus auch irdisch interpretiert.
Jesaja 9,2 umschreibt die Freude in Gottes Nähe, «wie man sich freut bei der Ernte».
Deuteronomium 28,47 deutet eine Niederlage als Strafe, «weil du deinem Gott nicht gedient hast in Freude und Dankbarkeit dafür, dass alles in Fülle da war».
«Da fiel Abraham auf sein Gesicht nieder und lachte.» So beschreibt Genesis 17,17 die Reaktion Abrahams auf die Ankündigung, er werde von seiner Frau Sara noch ein Kind bekommen, obwohl beide schon im hohen Alter standen. Ebenso reagierte die Frau, als sie davon erfuhr: «Sara lachte daher still in sich hinein und dachte: Ich bin doch schon alt und verbraucht und soll noch das Glück der Liebe erfahren?» (Genesis 18,12).
Abrahams und Saras Lachen bei der Ankündigung der Geburt Isaaks ist eine Anspielung auf den Namen des Kindes, da Isaak eine Kurzform für Jizchaq-El ist und «Gott lächelt ” bedeutet. «Gott liess mich lachen», so schildert Sara in Genesis 21,6 diese Erfahrung.

Eine ähnliche Stelle gibt es auch im Neuen Testament im Lukasevangelium als die ebenfalls im vorgerückten Alter (mit Johannes dem Täufer) schwangere Elisabeth beim Besuch Marias sagen lässt: «Als ich deinen Gruss hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib» (Lukas 1,44).

Auch in der Bildsprache der Bibel ist durchaus Situationskomik vorhanden.
Dies zeigt sich zum Beispiel, wenn etwa der Prophet Maleachi die kommende Heilszeit mit einem Beispiel aus dem Tierreich vergleicht: «Ihr werdet hinausgehen und Freudensprünge machen, wie Kälber, die aus dem Stall kommen» (Maleachi 3,20).
Ein anderes Beispiel ist die Geschichte Bileams, der von seinem Esel daran gehindert wird, eine falsche Mission auszuführen (Numeri 22–24). Dass ausgerechnet der als nicht besonders intelligent geltende Esel einen Wink Gottes schneller wahrnimmt als sein Reiter, ist eine feine Ironie des Erzählers.

Ins selbe Kapitel gehört das goldene Kalb, dessen Verehrung Exodus 32,1–6 anprangert. Das Kalb war in Wirklichkeit ein junger Stier – ein damals verbreitetes Gottessymbol –, dessen Kult der Text so als Kalberei lächerlich macht.

Eine etwas schärfere Variante des Humors zeigt sich in der Fabel Jotams in Richter 9,7–15, die das Königtum Abimelechs auf satirische Weise entlarvt. Jotam vergleicht die Wahl des mörderischen Abimelech damit, wie sich einst die Bäume einen König ausgesucht hätten. Nachdem alle besseren Kandidaten vom Ölbaum über den Feigenbaum bis zum Weinstock die Wahl abgelehnt hatten, blieb nur der Dornenstrauch übrig, der die Wahl annahm, danach Feuer fing und alle anderen in den Untergang riss.

Auch dort, wo Gott lachend geschildert wird, hat dies meist eher eine spöttische Note: Gott verlacht überhebliche Frevler (Psalm 37,13) und skrupellose Feinde seines Volkes (Psalm 59,9). Wenn solche Kerle auf die Nase fallen, werden sie ohne falsche Scham ausgelacht. Denn auch in diesem Fall gilt: «Weinen und Lachen hat seine Zeit» (Kohelet 3,4).
So liest sich Koh 3, 1-7 wie folgt:
Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit:
eine Zeit zum Gebären / und eine Zeit zum Sterben, / eine Zeit zum Pflanzen / und eine Zeit zum Abernten der Pflanzen,
eine Zeit zum Töten / und eine Zeit zum Heilen, / eine Zeit zum Niederreissen / und eine Zeit zum Bauen,
eine Zeit zum Weinen / und eine Zeit zum Lachen, / eine Zeit für die Klage / und eine Zeit für den Tanz;
eine Zeit zum Steinewerfen / und eine Zeit zum Steinesammeln, / eine Zeit zum Umarmen / und eine Zeit, die Umarmung zu lösen,
eine Zeit zum Suchen / und eine Zeit zum Verlieren, / eine Zeit zum Behalten / und eine Zeit zum Wegwerfen,
eine Zeit zum Zerreissen / und eine Zeit zum Zusammennähen, / eine Zeit zum Schweigen / und eine Zeit zum Reden.

